Julian Assange hat von der Botschaft Ecuadors in London aus
an die Weltöffentlichkeit appelliert. Niederschrift seiner unter nachstehendem
Link hier nicht aufzurufenden Video-Botschaft Information Clearing House,
20.12.12
( http://www.informationclearinghouse.info/article33396.htm )
Vor sechs Monaten oder genau 185 Tagen wurde ich in diesem
Gebäude aufgenommen.
Es ist zu meiner Wohnung, meinem Büro und meiner Zuflucht geworden.
Dank der prinzipienfesten Haltung der ecuadorianischen Regierung und der
Unterstützung
des Volkes von Ecuador bin ich in dieser Botschaft in Sicherheit und kann von
hier aus frei
reden.
Seit ich hier bin, haben jeden Tag Menschen aus Eurer Mitte vor dieser
Botschaft Wache
gehalten – bei jedem Wetter.
An jedem einzelnen Tag, seit ich im Sommer hierher kam. Und
jetzt ist Winter.
Diese Solidarität hat mich in meinem Tun bestärkt, und ich
bin den Menschen, die auf der
ganzen Welt die Arbeit von WikiLeaks (s. http://wikileaks.org/ ) unterstützen,
sehr dankbar
dafür; sie schützen damit die Redefreiheit, die Pressefreiheit und andere
wesentliche Elemente
der Demokratie.
Obwohl meine Freiheit eingeschränkt ist, kann ich vor diesem
Weihnachtsfest zu Euch
sprechen – 232 Journalisten, die zur Zeit in Gefängnissen festgehalten werden,
können
das nicht:
Der in Schweden verfolgte Godfried Svartholm (der die
Website The Pirate Bay betrieben
hat, s. http://en.wikipedia.org/wiki/Gottfrid_Svartholm ) kann das nicht,
Der in New York eingesperrte Jeremy Hammond (Infos zu seiner
Person s. http://en.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Hammond ) kann das nicht,
Der in Bahrain eingesperrte Nabeel Rajab (s.
http://en.wikipedia.org/wiki/Nabeel_Rajab )
kann das nicht,
Auch Bradley Manning (s.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bradley_Manning ), ein junger Mann,
der in dieser Woche 25 Jahre alt wird und seine Würde bewahrt hat, obwohl er
schon
mehr als 10 Prozent seines bisherigen Lebens in Gefängnissen verbracht hat und
teilweise nackt und ohne Brille in einen Käfig eingesperrt war, kann das nicht, und noch viele andere, die wie ich verfolgt werden, können das ebenfalls nicht.
Ich grüße diese tapferen Männer und Frauen. Und ich grüße all jene Journalisten
und Publikationen, die mit ihren Artikeln darüber informieren, was den
Verfolgten angetan wird, die trotz Einschüchterung und Strafverfolgung die Wahrheit verbreiten und den
Journalismus und die Aufklärungspflicht der Medien ernst nehmen.
Von der Verbreitung der Wahrheit hängt alles andere ab.
Nur mit festen Steinen können wir hohe Häuser errichten.
Und unsere Zivilisation bleibt nur erhalten, wenn die Ideen,
auf denen sie ruht, wahr sind.
Wenn korrupte Firmen unsere Häuser bauen, wenn der Zement mit Erde gestreckt
und
wenn hochwertiger Baustahl durch Alteisen ersetzt wird, können die Gebäude
nicht so stabil
werden, dass wir sicher darin leben können.
Und wenn unsere Medien korrupt bleiben, wenn sich unsere
Akademiker auch weiterhin
einschüchtern lassen, wenn unsere Geschichte durch immer neue Halbwahrheiten
und
Lügen verfälscht wird, kann unsere Zivilisation nicht überleben. Dann wird sie
untergehen.
Unsere Gesellschaft lebt in intellektuellen Slums. Unsere
Ansichten über unsere Welt und
unser Miteinander hat uns das gleiche System vermittelt, das uns immer wieder
in Kriege
gelogen und Millionen Menschen damit umgebracht hat.
Man kann keine Wolkenkratzer aus Plastilin bauen. Und eine
Zivilisation, in der es gerecht
zugehen soll, kann nicht auf Ignoranz und Lügen aufgebaut sein.
Wir müssen einander erziehen. Wir müssen diejenigen feiern, die
uns die Wahrheit offenbaren und diejenigen verurteilen, die unsere Fähigkeit
vergiften, die Welt, in der wir leben, auch zu begreifen.
Die Qualität unserer Gespräche untereinander entscheidet
über den Fortbestand unserer
Zivilisation. Die heutige Generation kann sich auf ihre eigenen Füße stellen
und ihre Weltsicht revolutionieren.
Zum ersten Mal in der Geschichte können die am stärksten von der Geschichte
Betroffenen
auch deren Macher sein.
Nicht nur die Arbeit von Journalisten und Publizisten
spricht für sich selbst, das tut auch
jede andere Arbeit und jedes Kriegsverbrechen.
Ich grüße alle, die erkannt haben, dass die Presse- und Informationsfreiheit,
die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert werden – in Gefahr sind und deshalb verteidigt werden
müssen –
wie niemals zuvor.
(s. http://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte
) und vom 1. Zusatzartikel zur US-Verfassung
(Wortlaut unter: http://de.wikipedia.org/wiki/1._Zusatzartikel_zur_Verfassung_der_Vereinigten_
Staaten )
WikiLeaks wird ständig von Strafverfolgungsbehörden
beobachtet; Ecuador und andere
Regierungen in Lateinamerika haben erkannt, dass mein Leben und meine Arbeit
deshalb
gefährdet sind.
Das Asyl wurde mir nicht aus einer Laune heraus, sondern aus guten Gründen
gewährt.
Dass ich von der US-Regierung verfolgt werde, ist durch beeidete Aussagen vor
US-Gerichten belegt und wurde vom US-Justizministerium und vom
Bezirksstaatsanwalt von Virginia bestätigt. Über seine Vorladungen wird vor
Gerichten gestritten. Das Pentagon hat seine Drohungen gegen mich im September wiederholt und behauptet, die bloße
Existenz von WikiLeaks sei bereits ein Verbrechen.
Meine Arbeit ist nicht gefährdet. Aber weil dieses
unberechtigte Verfahren gegen mich
weitergeht und weil die australische Regierung mein journalistisches Anliegen
und die Veröffentlichungen von WikiLeaks nicht stützt, muss ich hier bleiben.
Die Tür zu mir war und ist jedoch immer offen – für alle,
die mit mir sprechen wollen. Wie
die meisten von Euch bin ich bisher noch nicht wegen eines Verbrechens
angeklagt worden.
Wenn korrupte Journalisten etwas Anderes behaupten, dann
stimmt das nicht. Auf
der Website www.justice4assange.com könnt ihr Euch über die Faktenlage
informieren.
Helft mit, dass die Welt die Wahrheit erfährt.
Trotz aller Einschränkungen, trotz der gerichtlich verfügten
Sperrung der WikiLeaks-Konten,
die so illegal ist wie das Embargo gegen Kuba, trotz einer beispiellosen
Kampagne
der Strafverfolgungsbehörden, die WikiLeaks zerstören wollen, war 2012 ein sehr
erfolgreiches Jahr für uns.
Wir haben fast eine Million Dokumente veröffentlicht, mit
wichtigen Enthüllungen zu den
Ereignissen in Syrien.
Wir haben massenhafte staatliche Überwachungsmaßnahmen entlarvt und
Hunderttausende
von Dokumenten privater Nachrichtendienste veröffentlicht.
Wir haben Informationen über die Behandlung von Häftlingen in der Guantánamo
Bay und
anderswo verbreitet.
Wir haben uns vor Gerichten und vor dem Europa-Parlament (s.
http://www.hannobender.-
de/wikileaks-blockade-wird-fuer-mastercard-visa-zum-boomerang/ ) erfolgreich
gegen die
Blockadepolitik zur Wehr gesetzt.
Nach einem zweijährigen Kampf konnten wir erreichen, dass
Zuwendungen an WikiLeaks,
die bisher nirgendwo steuerabzugsfähig waren, das jetzt in der gesamten
Europäischen
Union und in den USA sind.
Erst letzte Woche konnte WikiLeaks äußerst wichtige Informationen darüber
veröffentlichen,
was wirklich mit El Masri, einem unschuldigen Europäer passiert ist, den die
CIA
kidnappen und foltern ließ. (s.
http://www.stern.de/politik/ausland/wikileaks-enthuellungenzum-fall-el-masri-usa-haben-deutschland-massiv-unter-druck-gesetzt-1632431.html
und http://blog.beck.de/2010/12/09/wikileaks-depesche-zum-fall-el-masri-beluegt-uns-der-spiegel)
Auch im nächsten Jahr werden wir wieder viel zu tun haben. WikiLeaks liegen
bereits
mehr als eine Million Dokumente zur Veröffentlichung vor, Dokumente, die jeden
Staat der
Welt – dieser Welt – betreffen.
Und in Australien wird ein nicht gewählter Senator durch denjenigen ersetzt
werden, der
wirklich gewählt wurde.
Auch 2013 werden wir uns gegen unsere Verfolger wehren. Die
ecuadorianische Regierung
und andere Regierungen Lateinamerikas haben gezeigt, wie man sich durch die Verteidigung
gemeinsamer Werte auch gegen Unterdrücker zur Wehr und durchsetzen kann.
Diese Regierungen bedrohen niemanden, greifen keine anderen
Länder an und setzen
auch keine Drohnen ein. Aber gemeinsam sind sie stark und unabhängig.
Die aus Hilflosigkeit erwachsenen Aufrufe Washingtons,
Wirtschaftssanktionen gegen
Ecuador zu verhängen, weil dieses Land sich für meine Rechte einsetzt, sind
unangebracht
und töricht. Präsident Correa hat richtig darauf geantwortet "Die
Prinzipien Ecuadors
stehen nicht zum Verkauf." Gemeinsam müssen wir das mutige Volk von
Ecuador vor
Einmischung in seine Wirtschaft und vor Einmischung in seine im nächsten Jahr
stattfindenden Wahlen schützen.
Die Macht von Menschen, die widersprechen und sich gemeinsam
widersetzen, erschreckt alle korrupten undemokratischen Machthaber. Auch die Regierungen westlicher Staaten betrachten ihre Bürger inzwischen als Feinde, die überwacht,
kontrolliert und in die Armut getrieben werden müssen.
Wahre Demokratie ist weder im Weißen Haus noch (in der australischen
Hauptstadt) Canberra zu finden. Wahre Demokratie entsteht durch den Widerstand
von Menschen, die sich vom Tahrir-Platz (in Kairo) bis nach London mit der Wahrheit gegen die
vielen Lügen zur Wehr setzen. Jeden Tag lehren uns einfache Menschen, dass Demokratie durch
Rede-und Meinungsfreiheit entsteht.
Wenn wir, das Volk, aufhören, zu widersprechen und uns zu
widersetzen, sind wir leicht zu spalten und ruhigzustellen, und sobald wir uns voneinander abwenden, sind wir
nicht mehr frei. Denn wahre Demokratie entsteht nur aus unserem gemeinsamen
Widerstand.
Wenn Ihr Euch nicht wehrt, gebt Ihr auf, was Euch zu Menschen macht – Eure
Entscheidungsfreiheit, Eure Unabhängigkeit und sogar Euer Gefühl für das, was
richtig und was falsch ist. Mit anderen Worten, ohne es zu wollen, werdet Ihr
passiv, unterwürfig und unfähig, Euch und alle, die Ihr liebt, zu verteidigen.
Oft werde ich gefragt: "Was kann ich tun?" Die
Antwort ist nicht besonders schwierig.
Lernt, wie die Welt funktioniert! Hinterfragt Behauptungen, Handlungen und
Absichten derjenigen, die Euch hinter der Maske der Demokratie oder Monarchie
zu kontrollieren versuchen!
Schließt Euch zusammen, um gemeinsam Eure Zukunft zu
entwerfen, zu planen, aufzubauen, finanziell abzusichern und zu verteidigen!
Lernt aus Erfahrung, steht auf und handelt!
Jetzt!
Weitere Informationen
über Julian Assange sind aufzurufen unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange .
Anmerkung der Volksbewegung:
Die fett gedruckten Passagen entsprechen ganz besonders auch unserer Meinung.